10
Aug
2022
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Zeeland

Fotoreisen mit Cochlea Implantat

Wo unsere Sinne erwachen, wird die Sensation entbehrlich.

Erst gestern wurde ich wieder einmal gefragt, ob es sehr viel anders sei zu reisen und dabei zu fotografieren, wenn man ein CI und Hörgerät trägt. Meine Antwort darauf war dieselbe wie immer: „Es kommt darauf an…“

Was hat HÖREN mit SEHEN zu tun?

Es ist eine Frage, die zunächst etwas widersinnig erscheint, dabei ist es eine sehr gute Frage. Weniger der Hörhilfe wegen, die uns CI-Träger am Leben teilhaben lässt, als im Sinne der Sinne.

Eines meiner fotografischen Credos ist „Wo unsere Sinne erwachen, ist die Sensation entbehrlich“. Ich gehe uneingeschränkt davon aus, dass Bilder nur dann wahrhaft intensiv, gut und authentisch werden können, wenn wir sie aus uns heraus und mit allen Sinnen fotografieren. Insofern hat sich meine Fotografie vermutlich etwas geändert. Auch wenn ich momentan noch nicht recht weiß, inwiefern.

Nun fahre ich nicht nur allein für mich und meine Ausstellungen auf Fotoreisen, sondern häufig mit der Lighthouse Fotoschule aus Augsburg. Hierbei bin ich naturgemäß sehr stark auf mein Hörvermögen angewiesen, um die unterschiedlichsten Teilnehmer zu verstehen, mit ihnen zu kommunizieren und sie gut auf ihrem fotografischen Weg begleiten zu können.

Fotografiere und reise ich dagegen für mich und meine Kunst, sind es weit mehr Sinne und Faktoren, die in meine Bilder einfließen. Neben der technisch gekonnten Umsetzung kommen bildgestalterische Aspekte dazu, etwas Ortskenntnis, Durchhaltevermögen und fitte Beine. Doch all dies ist höchstens eine Hülle und Grundvoraussetzung für berührende und außergewöhnliche Bilder. Wenn wir mit Fotos berühren wollen, müssen wir uns berühren lassen. Das ist der wesentliche Aspekt, den ich verfolge und auf den Fotoreisen neben dem notwendigen technischen und gestalterischen Wissen vermittle. Dazu ist es hilfreich, sich mit allen Sinnen, den Augen und seinem Herzen einzulassen, auf das, was einem begegnet. Eine sehr bunte oder laute Kulisse, störende Elemente oder hässliche Baustellen können unseren Blick dabei schon mal ablenken. Hier gilt es fokussiert zu bleiben, um hinter das vordergründlich Erspähte sehen zu können.

Stefan Mayr Venedig

Fotografieren mit und ohne Hörhilfe

Und so erwische ich mich gelegentlich, dass ich ohne CI und Hörgerät zum Fotografieren gehe. Wenig bis nichts zu hören, hilft mir bisweilen sogar im Tunnel zu sein. Früher habe ich mein eigenes Hören gedämpft und bewusst als stimmungsvolle Hintergrundmusik ablaufen lassen, um fokussierter meinen Motiven zu begegnen. Das leise Rauschen des Meeres, die Stimmen der lebendigen Stadt oder das Gezwitscher der Vögel im Wald trägt unmittelbar zu dem bei was wir erleben und somit fotografieren. So gesehen ist es schade beim Fotografieren neben den Augen nicht auch die anderen Sinne zu nutzen. Dies gelang mir mit CI zunächst nicht so gut. War das Hören doch zu präsent, ob es nun fehlt oder ungewohnt und laut durch die Hilfsmittel vorhanden war. Inzwischen kann ich es viel besser und merke gar nicht mehr, wenn ich vor lauter Sehen ganz nebenbei auch die Ruhe höre und fühle.

Euer Stefan

Schottland Highlands

Venedig -Stefan Mayr Fotografie